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Alfred EschwéAMN: Sie sind einer der Hauptdirigenten des Wiener Johann Strauß Orchesters. Sie dirigieren heuer das Neujahrskonzert des NTO Orchesters in Baden. Ihre musikalische Laufbahn begann in Baden, nun dirigieren Sie wieder in dieser wunderschönen Stadt; wie fühlt man sich, wenn Sie nun das Hauptkonzert der Saison am Ausgangspunkt Ihrer Karriere leiten?
AMN: Können Sie sich als ausgebildeter Geiger vorstellen, auch mit der Geige zu dirigieren? Alfred Eschwé: Nein, und zwar aus folgenden Gründen: ich habe zwar Violine gelernt (und diese Erfahrung ist mir auch sehr wichtig), aber zugunsten von Klavier und Dirigieren nicht fertigstudiert. Ich fühle mich als Dirigent, der das Orchester mit dem Taktstock fordern und animieren möchte und überlasse das Feld des geigenden Dirigenten gerne den Kollegen, die auf diesem Gebiet das nötige Können haben. Zu Zeiten von Johann Strauß waren die Orchester ziemlich klein besetzt und sein Mitspielen schon aus akustischen Gründen erwünscht. Heute wird seine Musik (oft zu) groß besetzt und der Dirigent ist daher auch als Koordinator gefragt. AMN: Welche musikalischen Vorbilder hatten Sie in der Jugend? Alfred Eschwé: Da ich ursprünglich Pianist werden wollte, war und bin ich ein Fan von Alfred Brendel, der mich mit seinem intellektuellen und emotionalen Spiel immer begeistert. Bei den Dirigenten schwärme ich für die Spontanen und Hingebungsvollen, die während eines Konzerts dem Orchester und sich selbst alles abverlangen und dem Geprobten noch zusätzliche Glanzpunkte aufsetzen. Bernstein war so einer. AMN: Sie treten mit Ihrer Schwester gemeinsam als Klavier-Duo auf; welchen Anreiz bietet das für Sie? Alfred Eschwé: Als Dirigent kann ich zwar meine Intensionen den Orchestermusikern vermitteln, es klingen aber deren Instrumente. Daher bieten vereinzelte Auftritte mit meiner Schwester, mit der ich auch während unseres Studiums viel vierhändig gespielt habe, die ideale Gelegenheit die Unmittelbarkeit des Musizierens wieder zu erleben und zu genießen. AMN: Sie sind die erste Persönlichkeit, die wir in dieser Porträtserie kontaktieren. Die Auswahl kommt nicht von ungefähr, da Sie ein versierter Strauß-Dirigent sind. So wird es das Publikum sicher interessieren etwas über Ihre Eindrücke und Ihr persönliches Erleben zur Musik von Johann Strauß, Vater und Sohn zu erfahren. Alfred Eschwé: Ich habe schon in vielen Ländern Konzerte mit Straußmusik dirigiert, die Reaktion des Publikums war aber ausnahmslos ähnlich: Begeisterung. Es muß also etwas in dieser Musik geben, das sich spontan den Menschen mitteilt und sie in positive Stimmung versetzt. Mich persönlich beeindruckt vorallem zweierlei: die symphonischen Einleitungen zu den Walzerfolgen, in denen die Sträuße in genialer Instrumentation eine Brücke von Schubert bis Mahler bauen und der Umstand, daß es Ihnen trotz eines ziemlich strengen formalen Korsetts, das Tanzkompositionen innewohnt, gelungen ist, immer wieder neue Melodienketten darin einzubetten. Johann Strauß Sohn verläßt darüberhinaus in seiner zweiten Lebenshälfte das Tanzparkett, um dem Genre Operette seinen unsterblichen Stempel aufzudrücken. Was meine Interpretationen betrifft, so schenke ich zwei wesentlichen Komponenten dieser Kompositionen besondere Beachtung: der richtig phrasierten Melodieführung und dem daran angepaßten Pulsschlag des Rhythmus. Die kleinen, zum Teil traditionellen Verzögerungen und Einschnitte sind mir wichtig, müssen sich aber dem Gesamtkonzept unterordnen. Dieses Ziel mit einem Orchester zu erreichen, bedeutet viel Geduld bei der Probenarbeit und große Aufmerksamkeit der Musiker im Zusammenspiel. AMN: Das Internet wird immer mehr als Medium benutzt um Musiker und Alfred Eschwé: Das Internet hat den "normalen" Medien vorallem die Geschwindigkeit und den globalen Zugriff voraus. Ich genieße es, wenn ich auf Reisen, oft am anderen Ende der Welt, per Knopfdruck in der heimischen Zeitung blättern und , bedingt durch die Zeitverschiebung, bereits am Nachmittag die Ausgabe des nächsten Tages durchstöbern kann. Als Informationsmedium ist das Internet eine Bereicherung, beim Hören von Musik ziehe ich den Konzertbesuch vor. AMN: Sie haben mit dem Wiener Johann Strauß Orchester in jüngster Zeit eine CD herausgebracht. Ist diese bereits im Handel erhältlich? Alfred Eschwé: Der Obmann des Wiener Johann Strauß Orchesters Herr Prof. Werner Lill hat vor einiger Zeit begonnen eine eigene Edition dieses Orchesters herauszugeben, die auch einige Live-Mitschnitte von meinen Konzerten enthält. In dieser Serie sind bis jetzt 7 CD's erschienen und weitere geplant. Diese Aufnahmen sind im Handel erhältlich, z.B. beim Musikhaus Doblinger in der Dorotheergasse in Wien. AMN: Weihnachten steht bevor: haben Sie einen speziellen Wunsch bezüglich der Straußmusik? Alfred Eschwé: Ja: ich wünsche mir, daß die Straußmusik nicht nur zum Jahreswechsel und der Faschingszeit, sondern das ganze über Jahr gespielt wird. Außerdem könnte ich mir vorstellen, sie mehr mit klassischer oder moderner Musik zu konfrontieren. AMN:Wir danken für das Interview. |
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