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Austrian Music Network
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Münchner Streichquartett1999 gründete die österreichische Geigerin Birgit Kolar gemeinsam mit drei Kollegen aus dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks - Stephan Hoever, Mathias Schessl und Jan Mischlich - das Münchner Streichquartett. Das Münchner Streichquartett sieht sich als weiteres Glied in der Kette der traditionellen Orchesterquartette und widmet sich vorwiegend der Literatur der Wiener Klassik und deutschen Romantik. AMN: Sie sind ein neues aufstrebendes Streichquartett und haben am 4. Mai 2001 im Musikverein Brahms - Saal ihr Wiener Debüt. Was verbindet Sie mit Wien, und wie schafft man es, gleich in den Wiener Musikverein engagiert zu werden?
AMN: Joseph Lanner und Arnold Schönberg haben heuer ein Gedenkjahr. Beide wurden in Wien geboren und haben der Welt Einmaliges hinterlassen. Wie weit kümmern Sie sich als Streichquartett um das Repertoire dieser beiden großartigen Komponisten und welchen Zugang haben Sie? Birgit Kolar: Was Joseph Lanner betrifft, ist es etwas schwierig, sich als Streichquartett um das Repertoire anzunehmen, da es für diese Formation keine Originalkompositionen von Lanner gibt. Es gibt zwar Bearbeitungen, die haben mich aber leider bis jetzt noch nicht wirklich hundertprozentig überzeugt... Ich bin mir aber sicher, daß es möglich wäre, eine höchst anspruchsvolle Bearbeitung zu schaffen - man denke nur an Anton von Weberns Bearbeitungen der Strauß'schen Walzer. Diese Kompositionen haben durch die Bearbeitung Weberns ja einen ganz besonderen, zusätzlich Charme vermittelt bekommen. Vielleicht wäre das ein Anreiz für einige interessierte Komponisten unserer Tage...?! Uns würde es freuen, weil wir diese Musik unglaublich gern haben und auch gerne in unsere Programme nehmen würden!!! Was Schönberg betrifft, gibt es für ein Streichquartett in dieser Hinsicht kein Problem. Auch Schönberg hat Bearbeitungen geschrieben - allerdings ging er dabei den umgekehrten Weg. Ich denke da an die Bearbeitung des Klavierquartetts von Johannes Brahms für großes Orchester. Die Besetzung geht dabei natürlich weit über die bei Brahms übliche hinaus. Insofern haben wir den Zugang zu Schönberg vorerst einmal mehr über das Orchester gefunden. Auf der Liste der zu erarbeitenden Werke stehen seine Quartette natürlich schon... AMN: Was ist ihre bevorzugte Literatur für Streichquartett, und können sie ihre Vorstellungen auch in die Programmgestaltung einfließen lassen? Jan Mischlich: Da wir alle aus dem Orchester kommen, versuchen wir vorwiegend all jene Komponisten zu spielen, die sich sowohl der symphonischen als auch der Quartettliteratur widmeten. Unser Hauptaugenmerk gilt aber vor allem den Komponisten der Wiener Klassik und Romantik, der deutschen Romantik, aber auch Antonin Dvorak und seinen komponierenden Landsleuten. AMN: Sie sind ja in beiden Städten - München und Wien musikalisch zu Hause. Lassen sich da Vergleiche anstellen oder gleicht sich der Konzertbetrieb in allen europäischen Staaten? Birgit Kolar: Ich würde sagen, daß gerade München und Wien den gegenseitigen Vergleich nicht zu scheuen brauchen - beide sehr traditionsbewusst, mit musikalischer Vergangenheit. Kann Wien auf die älteren Orchester "pochen", ist die Stadt München bezugnehmend auf die Vielzahl und Attraktivität ihrer Orchester und Chefdirigenten sicher einzigartig und höchst interessant. AMN: Ein Streichquartett lebt nicht nur von der technischen Perfektion und musikalischen Interpretation durch seine Mitglieder, es ist auch das Fluidum der Klangqualität von großer Bedeutung: "Welche Instrumente spielen Sie" ? Birgit Kolar: Unser Cellist, Jan Mischlich, spielt ein Instrument von Joseph Hél, Lille 1896. Mathias Schessl eine Bratsche von Gaetano Milanese, Cremona 1634. Stephan Hoever eine Geige von Joseph Rocca, Torino 1847 und mir wird seit 1993 eine herrliche Sanctus Seraphin, Venedig 1742 aus der Sammlung der Oesterreichischen Nationalbank zur Verfügung gestellt, wofür ich mich auch an dieser Stelle wieder ganz herzlich bedanken möchte! AMN: Welche Zukunftspläne haben sie mit ihrem Streichquartett? Stephan Hoever: Wir wollen versuchen, die gerade für Wien aber auch für München typische "Orchesterquartett-Tradition" weiterzuführen. Es formierten sich ja auch aus dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks immer wieder Quartette - eines der bekanntesten sicher das Köckert-Quartett, in dem der Vater von Mathias Schessl, Franz Schessl ebenfalls als Bratschist wirkte. So sehen wir uns als weiteres Glied in dieser Kette und hoffen, uns auch dementsprechend etablieren zu können. AMN: Derzeit gibt es alle möglichen kulturellen Strömungen. Vielfach wird den Künstlern aber von der kommerzialisierten Kunstindustrie eine bestimmte Richtung aufgezwungen. Kann man sich von gewissen Zwängen der Werbemaschinerie frei halten und auch eigene Wege gehen? Stephan Hoevel: In unserem speziellen Fall ist das durchaus möglich, da wir das Quartettspiel "leider-gottseidank" nicht hauptberuflich betreiben. Somit bleibt uns der Existenzkampf und die daraus resultierenden "Zwänge" erspart. AMN: Als Provider stellen wir allen unseren Interviepartnern die stereotype Frage: "Haben sie einen Computer, benützen sie das Internet und glauben sie, ist es möglich auch im musikalischen Bereich den Vorteil internationaler Vernetzung anzuwenden? Birgit Kolar und Jan Mischlich: Wir beide, also zumindest 50% des Quartetts sind vernetzt. Wir konnten auch die Erfahrung machen, daß mittlerweile eMails von Veranstaltern lieber und schneller beantwortet werden als Briefe in der üblichen Form. Wir denken auch, daß es für Musiker enorm wichtig ist, sich mit den Möglichkeiten des Internets auseinanderzusetzen und sind auch äußerst froh, daß es Provider wie das "Austrian Music Network" gibt, die uns eine Plattform bieten, uns und unsere Konzerttätigkeit einem interessierten Publikum zu präsentieren. AMN: Mit welchen zusätzliche Möglichkeiten (zu Internet und den üblichen medialen Publikationen) könnte man einem größeren Zuhörerkreis die künstlerisch so wertvolle Literatur des Streichquartettes näherbringen? Mathias Schessl: Man ist heutzutage unter einem gewissen Druck, was das Ansprechen des "Nachwuchspublikums" betrifft. Ich glaube, daß die Kinder durch die Vielfalt von Eindrücken, übermittelt von Internet, Fernsehen, etc. vor der immer größeren Schwierigkeit stehen, sich auf eine Sache zu konzentrieren. Einerseits sollte es das Bestreben geben, die einzelnen Sinne der jungen Menschen wieder zu schärfen und zu schulen, andererseits muß es wahrscheinlich einen Weg geben, die so überwältigende Literatur des Streichquartetts mit Hilfe von vielfältigen Sinneseindrücken, vor allem in Verbindung mit visuellen Eindrücken, dem jungen Publikum zu vermitteln. AMN: Wir danken für das Interview und wünschen ihnen, für das Konzert am 4. Mai 2001 19:30 im Brahms - Saal des Wiener Musikvereins, mit dem Programm: Mendelssohn: Streichquartett in a-moll, op.13 viel Erfolg, einen ausverkauften Saal und für ihre weiteren Aktivitäten alles Gute, viel Glück und beste Kontakte. |
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