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Mag. Robert BergerGeschäftsführer des Internationalen Kammermusik Festivals Allegro Vivo25 Jahre Allegro Vivo AMN: Herr Mag. Berger, Ihre Tätigkeit bei Allegro Vivo bedingt sicher 3 Seelen in ihrer Brust - die Liebe zur Heimat, dem Waldviertel, die Liebe zur Musik, ohne selbst Musiker zu sein, und die Hand eines Gärtners, dem die Pflege des Festivals anvertraut ist. Was sehen Sie als die wichtigsten Grundbedingungen erzielen? Mag. Robert Berger: AMN: Entstand durch Ihre Tätigkeit mit den Jahren ein besonderes Verhältnis zu Künstlern und Musikern? Mag. Berger: Ja, selbstverständlich. Die Musik ist, wie der künstlerische Leiter Mo. Khadem-Missagh oft sagt, jene Kunst, die am wenigsten der Materie bedarf und somit der geistigen Welt, die wir in der Überbetonung der materiellen oft verdrängen, am nächsten ist. Das strahlen Menschen, die mit Kunst, mit Musik zu tun haben, auch aus. Und insofern bin ich sehr dankbar für vieleBegegnungen, etwa einer Karin Adam oder Marialena Fernandes mit ihrer sprühenden Lebensenergie, einem Wolfgang Holzmair für ein Frühstücksgespräch über Schubert und sein Repertoire von 1.500 Liedern oder einem Harald Ossberger und Peter Hrncirik für Gespräche über Gott und die Welt bis spät in die Nacht. Und vor allem Bijan Khadem-Missagh für eine manchmal nicht ganz einfache, aber in Summe höchst befruchtende Zusammenarbeit. Dass Künstler immer wieder auch "nur" Menschen sind, macht sie in meinen Augen nicht kleiner, sondern authentischer. AMN: Die Interessen der Künstler und des Publikums sind sicher oft divergierend - wie schafft man in so einer Situation einen Ausgleich von der Seite des Managements? Mag. Berger: Was Allegro Vivo betrifft, sehe ich darin kein so großes Problem, zumal der künstlerische Leiter bei Programmentscheidungen neben der architektonischen Dimension eines Konzertes sehr wohl auch den Zuhörer vor Augen hat. So kommt es, dass Allegro Vivo kein von Zeitgeistströmungen oder einer "l?Art pour l?Art"-Haltung geprägtes Festival ist. Gleichzeitig ist es ein Anliegen, das Publikum behutsam und eingebettet in einen musikhistorischen Kontext auch an Werke der Gegenwart (wie etwa Heinz Kratochwils konzertant aufgeführte Kirchenoper "Franziskus") heranzuführen, die sehr wohl auch zu faszinieren vermögen. AMN: Vielfach sind Ihre Verhandlungspartner nicht nur Musiker, sondern Kulturreferenten, Bürgermeister und Veranstalter. Ist es schwierig, bei der Terminplanung und der Programmwahl eine für alle zufriedenstellende Koordination zu erreichen? Mag. Berger: Allegro Vivo kann sich glücklich schätzen, in den Spielorten, die sich im Laufe der Jahre dem Festival angeboten haben, echte Partner zur Seite zu haben. Künstlerische Fragen werden allein von Allegro Vivo entschieden, im eigenen Interesse jedoch so, dass ein lokales Publikum, das erfreulich hohen Anteil im Besucherspektrum aufweist, sich nicht überfordert fühlt. Letztlich ist die Programmplanung jedes Jahr ein großes Puzzlespiel, welche Künstler welches Programm im bestgeeigneten Konzertraum präsentieren. Nicht selten erweist sich der für alle Beteiligten beste Termin als das eigentliche Problem. AMN: Die Musikkultur ist ein Aktivposten in Österreich - sehen Sie hier eine Gefahr, dass wir mit der Zeit durch die großen, weltweiten Musikkonzerne einmal vereinnahmt werden? Mag. Berger: Insbesondere mit seiner Sommerakademie und den hunderten Kursteilnehmern - nicht zuletzt aus Fernost - leistet Allegro Vivo seinen Beitrag für den Stellenwert des Musiklandes Österreich. Natürlich gibt es einander widerstrebende Interessen zwischen Musikkonzernen, Musikern, Musikförderern und Publikum. Die Gefahr einer Vereinnahmung sehe ich konkret für Allegro Vivo aber nicht. AMN: Herr Mag. Berger, wie sehen sie es von der Managementseite: könnte die Kreativität unserer österreichischen Künstler durch die weltweite Kommerzialisierung leiden? Muss man annehmen, dass die Kosten-Nutzenrechnung zukünftig die Auswahlkriterien bestimmen werden? Geht auf diese Weise der österreichischen Kulturlandschaft nicht eine traditionsreiche Vergangenheit verloren? Mag. Berger: Die reichweitenstarke Musikantenstadl-, Seitenblicke- und Event-"Kultur" färbt auch auf ein Festival wie Allegro Vivo ab, allein insofern, als es nicht eben leichter wird, einen Medienbericht über ein "Nischen-Programm" wie Kammermusik zu bekommen. Weniger Berichterstattung hat Auswirkung auf das Besucherinteresse - in Italien klagten Veranstalter schon vor 10 Jahren über drastischen Besucherschwund insbesondere bei der Jugend (kein Wunder allerdings, wenn man unter Dutzenden Radiosendern mit Pop-Musik kaum ein Programm wie Ö 1 oder Radio Stephansdom findet). Dem gegenüber steht, dass man, von der Popularmusik übersättigt, durchaus den Weg zur Klassik finden kann und dass Menschen in dieser Zeit des globalen Umbruchs den geistigen "Nähr-Wert" von Kunst und Musik neu entdecken. Eine Kosten-Nutzenrechnung gab es immer, in Zeiten sinkender Kulturförderung verstärkt sich der Druck, allerdings spielt Allegro Vivo keine Programme, die allein von Förderungen abhängen. AMN: Wird auch im Kulturbereich, so wie es in vielen Wirtschaftszweigen Gang und Gebe ist, mit einem Verdrängungswettbewerb gearbeitet? Mag. Berger: Ich sehe es nicht als Verdrängungskampf, sondern als gesunden Wettbewerb (was generell ein zukunftsorientiertes Wirtschaften entlang ethischen Grundsätzen wäre). Letztlich geht es auch in der Kunst um Qualität, die in einem großen Angebot immer ihre Interessenten finden wird. AMN: Können Sie persönlich und auch im Festival die modernen Medien wie Computer und Internet voll einsetzen? Mag. Berger: Die modernen Medien sind eine unabdingbare Basis für die tägliche Arbeit geworden. Nur 3 Beispiele: Vor zehn, zwölf Jahren haben wir zB das Programmheft in Form eines Stapels von Papier und einigen Fotos in der Druckerei abgegeben, später war es immerhin schon einen Diskette mit den Texten im Word-Format. Dank hoch qualifizierter MitarbeiterInnen erhält die Druckerei heute eine CD-Rom mit weitestgehend vorbereitetem vierfärbigem Layout. Die Konzertkarten, früher mit Nadeldrucker und Stricherl-Liste angefertigte Kartons, sind heute über ein Kartenbuchungssystem österreichweit abrufbar. Und für Information über einen zeitgenössischen Komponisten ist längst nicht mehr die mühsame Suche nach einem entsprechenden und dann doch nicht aktuellen Lexikon nötig, sondern diverse Datenbanken liefern mit Stichwortsuche schnell und vom Arbeitsplatz aus Lebensdaten bis hin zu einem Werkverzeichnis. AMN: Haben sie einen besonderen Wunsch, den Sie für sich selbst oder im allgemeinen verwirklicht sehen möchten ? Mag. Berger: Vor allem anderen bin ich zutiefst dankbar für die Entwicklung von Allegro Vivo in den vergangenen Jahren und dass ich diese mitgestalten durfte. Mein Wunsch ist nur, dass sich diese Entwicklung so schön wie bisher fortsetzen möge, verbunden mit einer einigermaßen adäquaten Ausstattung an Fördermitteln (ohne die hierzulande kein derartiges Festival überleben kann). Und persönlich: dass der hohe Einsatz an "Herzblut", der zum Gelingen des Festivals über weite Strecken nötig war, sich doch irgendwann auf ein längerfristig verkraftbares Mindestmaß reduzieren lässt. AMN: Herr Mag. Berger, die weitere künstlerische Entwicklung, die mit der organisatorischen und "kommerzielle" Entwicklung des Festivals konform geht, lassen sich da zusammenfassende Zukunftsprognosen erstellen? Mag. Berger: Vieles, was sich in den letzten Jahren entwickelt hat, war aus meiner Sicht nicht prognostizierbar. So möchte ich auch weiterhin auf "gute Fügungen" vertrauen. Was sich abzeichnet, ist die weitere und vielleicht noch konsequentere Beschreitung des Wegs "Kulturelle Metamorphosen" mit der Einbeziehung außereuropäischer Musikkultur - ein Anliegen, mit dem Allegro Vivo auf die großen Fragen unserer Zeit hinzuhören und eine musikalische Antwort zu geben versucht. AMN: Wir danken für das Gespräch, gratulieren zum persönlichen Erfolg als Geschäftsführer des Festivals und zum 25 jährigen Bestehen von "Allegro Vivo." Viel Glück, viele Erfolge und dem Festival ein langes, erfolgreiches Weiterbestehen. |
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