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Austrian Music Network
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Paul GuldaDas Austrian Music Network präsentiert in der April Portraitserie Paul Gulda, der uns durch seine Aktivitäten und die unkonventionelle Art, für Menschen einzutreten, aufgefallen ist. Die Zeit und die aktuellen Ereignisse verlangen von uns allen ein stärkeres Engagement gegen ungerechtfertige Maßnahmen und Machtdemonstrationen. Nicht nur in der Kunst, sondern im täglichen Leben. AMN: Was hat Sie bewogen Musiker, Pianist zu werden? War es das Vorbild des Vaters, ihm nachzueifern oder waren andere Motive dahinter? Paul Gulda:
Paul Gulda: Das Verhältnis zu meinem Vater und auch zu allen meinen anderen berühmten Lehrern wurde mir jetzt, da ich selbst unterrichte um einiges klarer. Es ist das Verhältnis zu meinen jungen Studenten, wodurch ich am allermeisten gelernt habe. Die Fragen die im Unterrichten auf mich zugekommen sind, musste ich lösen und zum Teil natürlich auch für mich selber Sachverhalte abklären. Es wurde mir bewusst, dass die Fragen die man hat, von niemandem so präzise gestellt werden können, wie von sich selbst. Das Beste was ein Lehrer tun kann ist daher, den Schüler zu diesen Fragestellungen stimulieren. Ich bin froh und ein wenig stolz, daß ich im Lauf der Zeit, ja, meiner Karriere, auf vieles gekommen, das meine eigenen Lehrer nicht vermitteln konnten-ob sie es nicht wußten oder nicht ausdrücken konnten, gleichviel... AMN: War es schwer, sich aus dem Schatten dieses genialen Pianisten zu lösen und eigenständig zu werden? Paul Gulda: Im Schatten des Vater stehen wird für mich jetzt immer leichter, mir meiner selbst, meiner Wünsche, Stärken und Schwächen mehr bewusst werde. Das Schwierigste daran war, dass die Umwelt den Ruhm meines Vaters immer so stark reflektiert hat. Es passiert heute noch immer, dass mich die Leute mit ihrem Bild meines Vater konfrontieren, das natürlich nicht meine Sicht sein kann. AMN: Wo liegen die Schwerpunkte in ihrem Schaffen - ist es die Konzerttätigkeit als Solist - betreiben Sie auch Kammermusik und gibt es auch Kompositionen von Ihnen? Paul Gulda: Diese Tätigkeiten sind bei mir ziemlich ausgewogen. Jetzt mache ich derzeit wieder mehr Kammermusik etwa mit dem Cellisten Clemens Hagen, mit einigen Geigern. Bei meinen Kompositionen waren das meistens Auftragswerke für Theatermusik - ich glaube, das ist teilweise ein Erbe meiner Mutter. Ich habe das Theater sehr gerne, bin auch schon selbst auf der Bühne gestanden und ich sehe darin für mich sehr wichtige Querverbindungen zu meinen Vorfahren. Ich sehe mich in dieser Richtung als das Produkt von sehr vielen erblichen Einflüssen. Die Gefahr ist dabei eine gewisse Zersplitterung, aber ich vertraue darauf, dass jede Zeit das ihre bringt. Meine musikalische Entwicklung war von meinen Eltern von Anfang an nicht darauf angelegt, einen Fachidioten zu erzeugen. So habe ich die verschiedensten Dinge gemacht. Aber in allernächster Zeit wird die Hauptarbeit in die Vorbereitung meiner Klavierabende in der Kalvarienbergkirche (29.4., 28. 5.; www.mna.at) fließen. AMN: Musik des 20. Jahrhunderts. Welche Musik interessiert Sie aus dieser Epoche besonders, und gibt es Musik aus dieser Zeit, die sie weniger spielen? Paul Gulda: Das ist eine vielschichtige Frage - ich habe mich da etwas umgesehen. Man kann aber so wie Canetti sagt: "Jeder Kopf ist interessant - man muss sich nur darin hineinversetzen". Wenn ich mich einmal hineinversetzt habe, dann hat mir das meiste auch Freude gemacht. Ich habe, um jetzt z.B. speziell auf Österreicher einzugehen - von Wolfgang Liebhart und von Balduin Sulzer Werke studiert. Das sind nicht die großen Elektronik Avantgardisten - mit denen habe ich schon mehr Schwierigkeiten. Da ist mir dann, wenn schon, der freie Improvisationsbereich - auch im Jazz -lieber. Ich kann mit diesen breiten unstrukturierten Klangflächen nichts anfangen - ich vermisse dort die rhythmischen Orientierungsmarken und die Klangereignisse verbinden sich mir nicht zu Formen, Strukturen. Es nervt mich allerdings genauso auch die Überbetonung des Computerbeats bei der modernen Technomusik. Ich finde, das ist eine Kriegserklärung an die körperliche Sensibilität. AMN: Sie sind Pianist mit Ambitionen zum Dirigenten. Wird einem das Klavier mit seinen Ausdrucksmöglichkeiten zu wenig oder sind es die Orchesterwerke, die man in ihrer Klangfülle interpretieren will? Paul Gulda: Wenn ich vom Dirigieren spreche, dann kommt mir in den Sinn, dass es eigentlich das Dirigieren und das Zuhören war, das mich zur Musik gebracht hat. Was ich als Kind im Spiel nachdirigierte, hat mir immer großen Spaß bereitet. Das trifft auch jetzt noch zu - ich trau mich zwar nicht an Profiorchester - und es soll auch nicht heißen, da ist schon wieder ein Pianist, der dirigiert. Es ist anders: "Es ist ein geborener Dirigent, der irrtümlich Pianist geworden ist!" Ich muss dabei lächeln, es ist jedoch wahr. Wenn sich mir eine Gelegenheit bietet ein Ensemble zu leiten, dann ist es mir immer eine große Freude. Es ist so vieles zusammen: Zuhören, Empfinden, Analysieren, in der Bewegung mit der Musik gehen, Andere motivieren...als Pianist ist man ja doch Sehr streng ans Handwerkliche geheftet, da kann man sich nicht so gehen lassen... AMN: Welche Erfahrungen konnten Sie während dieser Unterrichtstätigkeit sammeln? Halten Sie unser Schulsystem für effizient oder wären hier Verbesserungen nötig? Paul Gulda: Wie schon erwähnt, bringt das Unterrichten eine viel intensivere Auseinandersetzung mit der Musik und der Technik am Instrument. Und was nicht zu vernachlässigen ist, ist die psychologische Einfühlung in den Schüler. AMN: Wie kann man Studenten auf die Berufslaufbahn vorbereiten? Paul Gulda: Das Selbstmanagement ist eine Aufgabe, für die man bis zu einem gewissen Grad auch eine Vorbereitung benötigt. Der Einstieg in das Berufs- und Erwerbsleben kann viele Formen annehmen - im Konzertfach werden jetzt die Studenten auch auf die Unterrichtstätigkeit vorbereitet. Es ist keine Spezialisierung wie in der Pädagogik, aber als Basisausbildung ist es unumgänglich. Man muss auf allen diesen Gebieten wissen, wie man seine Leistung anbieten und verkaufen kann. Egal, ob es sich jetzt um Konzertauftritte, Kammermusikkonzerte oder auch die Unterrichtstätigkeit handelt. Noch ein paar Aspekte, die so eine Ausbildung bereichern, vielfältig machen: Die Querverbindungen zu außereuropäischer Musik, zur ethnischen Musik sind ein sehr wichtiger Faktor, Impulsgeber für kreatives Wachstum. So wie die Improvisation einen freieren Umgang und eine Lockerung des starren, musikalischen Korsetts mit sich bringt. Und der Gesang sollte auch bei der pianistischen Ausbildung stärker gefördert werden, das ist doch elementar ! Ich persönlich sehe in der Unterrichtstätigkeit eine große Horizonterweiterung, die mich überrascht und bereichert hat. Mich interessiert das Unterrichten sehr, und ich habe in dieser Richtung auch weiterhin Ambitionen. AMN: Es gibt kulturelle Strömungen, die Künstler oft in bestimmte kommerzielle Schienen zwingen. Können Sie sich von solchen Zwängen freihalten? Paul Gulda: Bei mir ist überhaupt keine Einengung meiner musikalischen Tätigkeit gegeben. Ich bin zum Glück bald über das Stadium hinausgekommen, wo man nur mehr eingleisig fährt. Ich darf bei meiner Programmgestaltung ein gewichtiges Wort mitreden, was ich spiele. Manchmal folge ich aber willig einer Anregung, wenn es sich um interessante Aufgaben handelt. Es gibt z.B. einen Vorschlag von Grafenegg für "Alice im Wunderland" und da muß man halt nachspüren, welche Musik passt jetzt dazu. Da hat mich meine Neugierde auf die Musik von Britten und Percy Grainger gebracht. AMN: Sie sind ein freischaffender Künstler. - Wie gestaltet man seine Karriere? Werden Sie von bestimmten Veranstaltern immer wieder eingeladen? Paul Gulda: Ich kann von Glück reden - mein Name hat mir viele Türen geöffnet. Vielleicht hat man mich dann auch ein wenig strenger beurteilt. Aber eines muss ich dazu sagen: ich habe mich nie gescheut, kleine und auch kleinste Engagements gerne und mit Liebe zu machen. Unser Publikum ist überall auch in kleinen und kleinsten Orten. Man kann überall etwas lernen, und mit der Globalisierung ist es heute so, dass es die Provinz nicht mehr gibt. Einen Fernseher und einen Plattenspieler haben fast alle - vielleicht können manche Lifekonzert nicht so oft erleben, aber kritisches Zuhören ist immer gegeben. Manchmal denke ich, halb im Scherz, über die Strukturen unserer Verwaltung nach - da gibt es eine Bezirkshauptmannschaft und Bezirksämter und wie die alle heißen - warum gibt es nicht einen Bezirkspianisten? - Das wäre doch ein Weg zu einer musikalischen Nahversorgung - das soll jetzt nicht so klingen, als wäre das ein Almosen für Kollegen, die nicht im Konzerthaus spielen können. Wenn es mit Liebe gemacht wird, dann hat die Kunst immer einen universellen Anspruch und es kann nicht sein, dass Konzerte nur den privilegierten Großstadtbewohnern zugänglich sind. Der gesellschaftspolitische Auftrag der Musik muss allen gleichermaßen zuteil werden, und meine Meinung dazu ist: "Wir sind verpflichtet, diese Güter zu teilen". AMN: Haben Sie Zugang zu den modernen Kommunikationsmedien wie Computer - Internet - Email, und wie stehen Sie dazu? Sehen Sie hier Chancen und Möglichkeiten, auch die Musik stärker einzubinden? Paul Gulda: Vor allem zu meiner Büroorganisation verwende ich die elektronischen Medien. Man bedenke, allein beim Selbstmanagement ist alles viel leichter geworden. Die Programme, die Lebensläufe sind jederzeit abrufbar und sofort per E-Mail zu versenden. Ja selbst die Fotos müssen nicht mehr aufwendig geschützt und kuvertiert versendet werden - ja sogar am Sonntag ist das möglich. AMN: Danke für das Gespräch und viel Erfolg für Ihre weiteren Projekte. |
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