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Austrian Music Network
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Das Austrian Music Network stellt diesmal in der Gedenkhompage zum 100. Geburtstag Ernst Kreneks Jovita Dermota vor. Sie bringt uns den Dichter und Schriftsteller Ernst Krenek näher, für dessen Werke sie sich mit ganzer Kraft und persönlicher Überzeugung einsetzt. Frau Dermota kommt selbst aus einer berühmten Sängerfamilie und kann aus einer tiefen inneren Verwurzelung mit dem Wort und dessen Ausdeutung das Publikum faszinieren. JOVITA DERMOTA
Im Rahmen der offiziellen Goethe Feiern war sie Vertreterin der Bundesrepublik Deutschland bei einer Tournee mit der Goethe - Lesung "West-östlicher Divan" mit Jochen Striebeck in Moskau, St. Petersburg, Tiflis, Almaty, Bischkek und Taschkent. Jovita Dermota entwickelt und präsentiert eigene Soloprogramme: Clara Schumann, Maria Antoinette, Virginia Woolf, Djuna Barnes, Bertold Brecht, Franz Kafka, Ernst Krenek, Ingeborg Bachmann und Stefan Zweig. Konzert-Lesungen, Liederabende, Hörfunk Programme beim Österreichischen und Bayrischen Rundfunk, Mitarbeit in der Freien Scene München, CD, TV ergänzen diese Arbeit. Sie ist seit vielen Jahren Jurymitglied bei internationalen Wettbewerben, z.B. Robert Schumann- Wettbewerb Zwickau. 1999 erhielt sie das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst. Staatstheater am Gärtnerplatz ECHO EINES Performance Mit dieser Performance stellte Jovita Dermota das literarische Werk des Komponisten Ernst Krenek in den Mittelpunkt, um anläßlich seines 100. Geburtstages einer der schillerndsten Musikerpersönlichkeiten dieses Jahrhunderts zu gedenken. Jovita Dermota liest autobiographische und essayistische Texte Kreneks, ergänzt durch Tonzuspielungen, die eine adäquate Präsentation von Kreneks zerrissen gelebtem Musik- Verständnis und absoluten Künstler - Anspruch ermöglichen. Der Zuhörer sitzt in einem durch Krenek regelrecht eingeforderten, als Hommage erstellten quadrophonen Klangerlebnis, das den live gesprochenen Texten einen Subtext ergänzend gegenüberstellt. Krenek - einer, der das ganze Jahrhundert durchmessen hat, der sich allen Strömungen aussetzte, immer neu - gierig, um dann - Zweifler am Zweifel - immer weniger dazuzugehören. Sein humanistisch - goetheanisches Weltbild wird durch die Realität dieses zerrissenen Jahrhunderts in Stücke gehauen; Krenek - rastlos schreibend, oszilierend zwischen den Polen der Alten und der Neuen Welt ("eine von Schienensträngen durchzogene Seelenlandschaft") -stellt diese Erfahrung auf seinem Weg von der äußeren in die innere Emigration Musik als Struktur schaffendes Denken entgegen. Er wird damit zum Abbild des modernen, suchenden Menschen an der Schwelle des Jahrtausends. Mit dieser Mischung von essayistischen Texten und assoziativen Collage - Elementen auf der Off - Ebene den immensen Kontrasten, versucht Jovita Dermota dieses widersprüchlich gelebte Musikverständnis Ernst Kreneks nachzuspüren. "Die Gestalt aller künstlerischen Utopien heut; Dinge machen, von denen wir nicht wissen, was sie sind." (Adorno)
Jovita Dermota Mit ihrem bereits zum Markenzeichen gewordenen Collagen setzt sich Jovita Dermota, die Tochter des berühmten Staatsoperntenors, mit einem der faszinierendsten und vielseitigsten Künstler der 20. Jahrhunderts auseinander. Zum 100. Geburtstag (23. August 2000) des österreichischen Komponisten Ernst Krenek gestaltet sie bei den Wiener Festwochen im Haydn --Saal der Musikuniversität eine Toncollage mit seinen Kompositionen, Ausschnitten aus seinen Memoiren sowie seinen Musikessays, weiters mit Texten von Hofmannsthal, Karl Kraus, Adorno und Musik von Schönberg, Brahms, Schubert und Duke Ellington. Um dem Andenken Kreneks gerecht zu werden, muß auch gesagt werden, daß er nach dem Krieg alljährlich nach Wien und zum europäischen Forum Alpbach kam. Heimisch wurde er in Österreich aber nicht mehr. Am 6. Oktober 2000 wurde in der Mühlbachgasse 6 im 13. Wiener Gemeindebezirk eine Gedenktafel enthüllt. In diesem Hause wohnte Ernst Krenek in den Jahren 1932 - 1937. Gladys Krenek, die Witwe des Komponisten, Kulturstadtrat Dr. Peter Marboe, der Bezirksvorsteher DI Heinz Gerstbach, Mitglieder der Ernst Krenek Gesellschaft mit der Generalsekretärin Mag. Petra Preinfalk und Jovita Dermota waren anwesend um dieser kleinen Feier beizuwohnen. Bei dem anschließenden Festakt im Festsaal des Bezirksamtes Hietzing, las Jovita Dermota aus Ernst Kreneks Buch "Im Atem der Zeit" (Verlag Hoffmann und Campe) Ausschnitte mit Schilderungen seines Lebens in der Mühlbachgasse 6.
![]() Eine neue Wohnung Mir gefiel die provisorische Einzimmerwohnung, in der wir lebten, nicht mehr und ich beschloß, eine größere Wohnung zu mieten und einzurichten. Wir fanden sie in einem neuen Mietshaus, ein paar Straßen von unserer früheren Wohnung entfernt, in der Mühlbachgasse 6, einer Paralellgasse zur Lainzerstraße. Die Wohnung war im dritten Stock und hatte vier Zimmer, Küche, Badezimmer und ein Zimmer für das Dienstmädchen, sowie zwei Balkons mit schönem Ausblick nach Osten auf den sogenannten Küniglberg jenseits der Lainzerstraße und auf das Hügelland im Westen, das zu den Anhöhen von Ober St. Veit und zum Lainzer Tiergarten hinaufreicht. Ich war mir meiner Verantwortlichkeit als Mieter wohl bewußt und fand meine Verhandlungen mit dem Hausbesitzer etwas beklemmend, obgleich eigentlich nichts dabei war. Ich habe Verantwortung jeder Art stets sonderbar ablehnend gegenübergestanden, vielleicht weil ich solche Verantwortlichkeit übermäßig ernst nahm, genau wie mein guter Vater. Es wurde beschlossen, die Wohnung von der Firma Frank und Wlach einrichten zu lassen, zwei Architekten, die unter dem Namen "Haus und Garten" ein reizvolles Inneneinrichtungsgeschäft in der Nähe der Oper hatten. Es war mein einziger Versuch in dieser Welt, einigermaßen stilvoll zu wohnen. Die beiden Herren hatten eine gemäßigt progressive Einstellung, die den Stiltendenzen der berühmten "Wiener Werkstätten" verwandt war, was bedeutete, daß sie Funktionalismus betonten, ohne dabei doktrinär zu sein, und Wert auf einen gewissen bescheidenen Luxus und eine gewisse Eleganz legten. Josef Frank war sicher der Einfallsreichere und Originellere von den beiden, ein etwas launenhafter und leicht pessimistischer Mensch, der schon damals Zweifel an der Dauerhaftigkeit unserer Lebensweise in Wien hatte. (An dieser Stelle beschreibt Ernst Krenek die Einrichtung und Bilder, den Erwerb eines Dauerbrenners, und die Anschaffung eines Schweighofer Flügels.) Die Wohnung war bezugsfertig, als wir 1932 aus den Sommerferien zurückkamen. Die Wartung der Wohnung erforderte es ein Dienstmädchen anzustellen, das auch als Köchin fungieren sollte. Nach reiflicher Überlegung wurde eine Frau mittleren Alters namens Marie Zöchling für diese Aufgaben engagiert. Sie war eine fähige und sympathische Person, manchmal ein wenig griesgrämig und stur, wie solche Leute es gewöhnlich sind. Sie hatte ein uneheliches Kind, einen etwa fünfzehnjährigen Buben. Später stellte sich heraus, daß sie ein Verhältnis mit dem Küster der Lainzer Pfarrkirche hatte, einem Familienvater mit mehreren Kindern. Wie sie das mit ihren sehr orthodoxen religiösen Grundsätzen vereinbarte, weiß ich nicht, aber ich bin in solchen Dingen kaum in der Lage, ein Urteil zu fällen. Sie war wirklich eine ausgezeichnete Köchin und wir kamen im großen und ganzen recht gut miteinander aus. Es waren meine einzigen Erfahrungen mit einer Hausangestellten. Mein häusliches Leben zeichnete sich durch bemerkenswerte Stabilität aus. Alles drehte sich um mich, sowohl Berta als auch meine Eltern lebten nur dafür, sich um meine Probleme zu kümmern und mir jeden Stein aus dem Weg zu räumen. Die Gegenleistung, die ich dafür erbrachte, bestand darin, den ganzen Haushalt so gut ich konnte zu unterhalten und ihnen all die schönen Dinge des Lebens zu bieten, die in den Grenzen meiner Möglichkeiten zu bekommen waren. Abgesehen davon, daß ich diese materiellen Vorteile bot, glich ich diese so gewissenhafte Betreuung instinktiv dadurch aus, daß ich alle meine Wünsche einer Art demokratischer Entscheidung unterwarf, denn ich machte jedes einzelne Detail unseres Lebens zum Gegenstand eines Gesprächs und allgemeiner Übereinkunft. Offenbar ist das ein tief verwurzelter Zug meines Wesens, der meine Sympathie für die schwachen, wankelmütigen, zögernden Charaktere in Geschichte und Literatur erklärt. Das schreckliche, erbärmliche Ungenügen dieses Wesenszuges wird mir jetzt klar, da alles davon abzuhängen scheint, was ich entscheide, und da Menschen, die mir teuer sind mich drängen, Entscheidungen zu treffen. -Das habe ich nie gelernt. Krenek mußte auswandern. In Kalifornien fand er eine Ersatzheimat. Die Gedenktafel in der Mühlbachgasse 6 erinnert uns daran, daß, wenn auch nur für wenige Jahre, hier in seiner Geburtsstadt einer der vielseitigst gebildeten Komponisten und Literaten gewohnt, gelebt und geschaffen hat. |
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