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Austrian Music Network
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Ranko Markovic Das Konservatorium Wien hat einen Antrag auf Akkreditierung nach dem Privatuniversitäts-Akkreditierungs-Gesetz gestellt. Das Konservatorium Wien bietet umfassende künstlerische Ausbildung in den Bereichen Musik, Jazz, Musiktheater, Tanz und Schauspiel. 900 Studierende aus der ganzen Welt absolvieren hier ihre künstlerische Ausbildung. Für diese wird sich in den nächsten Jahren einiges in ihrem Studienplan ändern. Das Austrian Music Network, das sich für innerösterreichische Veränderungen auf dem Musiksektor in jeder Richtung interessiert, stellt im Dezember-Portrait, das Konservatorium Wien und den Initiator dieses Projektes Ranko Markovic in den Mittelpunkt. AMN: Herr Markovic, Sie sind seit Beginn Ihrer Amtszeit mit dem Problem der Umwandlung des Konservatoriums Wien in eine Privatuniversität befasst. Was war der Anlass eine gewachsene Struktur wie es das Konservatorium Wien seit Jahrzehnten besitzt, in eine für Österreich noch neue Form, in eine Privatuniversität für Musik, Oper, Schauspiel, Tanz und Jazz umzuwandeln?
AMN: Das Österreichische Hochschulgesetz, das bei der staatlichen Musikuniversität zur Anwendung kommt hat, wie uns von verschiedenen Seiten berichtet wird etliche Pferdefüße die sich für die Studierenden und auch für die Lehrenden negativ auswirken. Wenn das vom Kulturministerium immer wieder bestritten wird, die Klagen und die ungute Stimmung ist vorhanden. Wäre es denkbar, dass im Bereich des Konservatoriums durch die Umwandlung ebenfalls solche negative Strömungen und Auswirkungen zutage treten könnten? Ranko Markovic: Wir stehen am Anfang einer Entwicklung und haben das Glück, aus Erfahrungen anderer lernen zu können. Der Reformprozess bei uns unterscheidet sich zu demjenigen an den staatlichen Hochschulen in einem wesentlichen Punkt: wir wollen uns verändern und werden nicht von außen dazu gezwungen. Privatuniversitäten haben die Möglichkeit, ihre Strukturen und Strategien flexibel und autonom zu gestalten - die Zusammenarbeit mit dem für die Akkreditierung zuständigen Akkreditierungsrat verläuft sehr konstruktiv. Schlechte Stimmung entsteht bei Reformprozessen übrigens sehr oft aus irrationalen Gründen und wird - leider gerade in Wien - gelegentlich aus purer Bequemlichkeit herbeigerufen. AMN: Wenn z. B. jetzt ein Student, wie uns bekannt, ist am Konservatorium seine Diplomprüfung abgelegt hatte (die in vielen Fällen höhere Anforderungen gestellte hat als an Hochschulen anderer Länder), wurde dieses Diplom trotzdem nicht anerkannt. Ist die Verbürokratisierung im Musikbereich nicht ein Hemmschuh für die Studierenden und eine unnötige Studienverlängerung, wenn alles doppelt abverlangt wird? Ranko Markovic: Dieses Problem wird nach der Akkreditierung formal nicht mehr bestehen. In der Kunst sind Vergleiche schwierig: der Grad einer Anforderung definiert sich nicht nur quantitativ, sondern vor allem auch qualitativ, wobei Qualität in der Kunst -- glücklicherweise - zum Teil auch subjektiv definiert werden kann und starken Wandlungen unterworfen ist. Bürokratie ist im institutionalisierten Bereich bis zu einem gewissen Grad unvermeidlich, aber nach meiner Überzeugung kein Schicksal und kann in angemessenen Grenzen gehalten werden. AMN: Herr Markovic, Sie sind nicht nur Leiter einer großen Musiklehranstalt, Sie sind auch ausübender Musiker. Sie haben aus dieser Sicht bestimmt einen besseren Überblick über die wesentlichen Ausbildungskriterien eines Musikers. Wie könnte man eine Entrümpelung des Lehrstoffes vornehmen ohne die Qualität der Ausbildung zu mindern? Ranko Markovic: Wir dürfen heute nicht für einen Markt von gestern ausbilden, sondern müssen die begabten jungen Menschen dazu befähigen, ihre eigenen Lösungen in der Zukunft zu finden. Generell halte ich viel von einem kollegialen Miteinander der Lehrenden und Studierende unter Einbeziehung Externer (Absolventinnen und Absolventen, Veranstalter, arrivierte Künstlerinnen und Künstler) wenn es darum geht, die Curricula zu evaluieren. Aus meiner pädagogischen Erfahrung beziehe ich meine Überzeugung, dass durch modulare Zusammenfassung verwandter Fachgebiete viel an Zeit und Ergebnis gewonnen werden kann. Schon jetzt florieren am Konservatorium interdiziplinäre Lehrveranstaltungen, Ringvorlesungen und Seminare. Vorlesungsartiger Frontalunterricht hat aus meiner Sicht ausgedient - genauso übrigens aus meiner Sicht der sich selbst genügende "Hauptfachunterricht", wenn er sich auf die unkritische Einstudierung übernommener Muster beschränkt. AMN: Wenn man die Trends der letzten 20-30 Jahre ansieht, dann haben sich kulturpolitische Veränderungen ergeben, die eine Globalisierung der Kunststile gebracht hat und vieles an Individualität eingebüsst wurde. Es sind in manchen Bereichen, man kann fast sagen kulturelle Fastfood-Ketten entstanden, die nur ihre Angebote mehr zulassen. Sehen Sie durch die individuelle Entwicklung, die das Konservatorium Wien nehmen will eine Chance weg vom Einheitsklischee um zu einem Zurück der "Wiener Schule" zu kommen? Ranko Markovic: Wenn wir von "Wiener Schule" sprechen, meinen wir vermutlich die innovativen Leistungen eines Haydn, Mozart, Beethoven, Mahler und Schönberg. Wir tragen in Wien eine riesige Verantwortung und müssen das spezifisch Wienerische immer wieder aufs Neue finden. AMN: Sicher gibt es Umfragen unter den Studenten. Wird diese Entwicklung angenommen oder muss eine Neuorientierung gefunden werden um auch weiterhin ein lebendiges Konservatorium zu gewährleisten? Ranko Markovic: Die Studierenden sind wesentliche Träger der Reform, auch wenn sie aus meiner Sicht noch zu wenig aktiv mitwirken. Zu lange haben sich Musikstudenten damit begnügt, zu "entsprechen" und zu "funktionieren". Die Situation ändert sich aber, und die Studierenden der Theater-Abteilungen sind schon heute echte Partner der Lehrenden. Ganz abgesehen vom Akkreditierungsprozess konnten wir in den letzten Jahren eine deutliche Erweiterung und Verbesserung des Lehrangebots am Konservatorium erreichen, und die Studierenden wissen das durchaus zu schätzen. AMN: Glauben Sie, Herr Markovic, dass die elektronischen Medien, wie Internet und was es sonst noch alles gibt, außer der schnellen Kommunikation auch für die Verbreitung einer individuellen österreichischen Musikszene etwas bewirken könnten? Ranko Markovic: Die neuen Medien bewirken eine radikale Veränderung der Kultur in unserer Gesellschaft, sicherlich mit der Erfindung des Automobils vergleichbar. Es wird an uns liegen, die Möglichkeiten auch im Sinne des Individuums zu nutzen. Österreich und insbesondere Wien hat diesbezüglich beste Chancen. AMN: Bis wann schätzen Sie wird sich dieses große Vorhaben, das Konservatorium Wien in eine Privatuniversität umzuwandeln und in eine wirksamen kulturelle Ausbildungsstätte zu etablieren, die international voll anerkannt wird, realisieren lassen? Ranko Markovic: Die Akkreditierung sollte im Laufe dieses Studienjahres formal abgeschlossen sein, kulturell wirksam und international anerkannt ist das Konservatorium Wien schon heute. Am Tag nach der Akkreditierung beginnt eine neue Entwicklung, die sich als Fortsetzung des jahrzehntelangen Weges begreift. Inwieweit das Getane richtig und erfolgreich ist, zeigt sich oft erst in späteren Jahren und sollte daran gemessen werden, wie die Absolventinnen und Absolventen ihr persönliches und gesellschaftliches Umfeld gestalten. AMN: Was wünschen Sie sich persönlich und auch im Hinblick auf die zukünftige Entwicklung von Musikergenerationen in Wien? Ranko Markovic: Persönlich wünsche ich mir, dass Wien wieder ein Schmelztiegel und Anziehungspunkt für kreative und ehrgeizige Künstlerinnen und Künstler aus Österreich und aller Welt wird und die in Wien aufwachenden Kinder und Jugendlichen - von der Begeisterung dieser Menschen angesteckt - wieder mehr Vertrauen zu ihrem eigenen Begabungspotenzial finden. Das Konservatorium Wien ist nicht die einzige dafür in Wien relevante Institution, möchte aber zu dieser Entwicklung - auch in Partnerschaft mit den Anderen - Wesentliches beitragen. AMN: Wir danken für das Gespräch und wünschen viel Erfolg, Ihnen und für die genannten Vorhaben. |
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