![]() |
Austrian Music Network
|
||
|
|||
Prof. Harald OssbergerPianist, Präsident des österr. Musikrates AMN: Herr Prof. Ossberger, wir haben gehört, daß Sie vor kurzem zum Präsidenten des Österreichischen Musikrates gewählt wurden. Wie Sie vielleicht wissen, hat das Austrian Music Network so wie im vergangenen Jahr für Johann Strauß Vater und Sohn, dieses Jahr eine Gedenkhomepage zum 100. Geburtstag Ernst Kreneks ins Internet gestellt. Wir wollen allen diesen großen österreichischen Musikern in respektvollem Gedenken diese Seiten widmen und sind daher bedacht, mit Musiker, Komponisten und Wissenschaftlern entsprechendes Material zu sammeln. Bei Ernst Krenek gibt es noch einige Personen, die mit ihm persönlichen Kontakt hatten wobei wir erwarten, auch Informationen zu erhalten, die man sonst nirgends nachlesen kann und die später einmal unwiederbringlich verloren wären. Herr Prof. Ossberger, Sie sind selbst ausübender Musiker, Pianist und Prof. an der Musikuniversität. Sie haben auch als Mitglied des Ensemble 20. Jahrhundert einen speziellen Zugang zur modernen Musik; damit ist unsere Erwartungshaltung in Bezug auf Ihre Antworten dementsprechend groß. Haben Sie, Herr Prof. Ossberger, mit Ernst Krenek oder mit dessen Frau der Komponistin Gladys N. Krenek persönliche Kontakte gehabt? Es wäre sicher für unsere Homepagebesucher von großem Interesse, darüber einiges zu erfahren.
Gladys Krenek war bei den meisten Zusammentreffen mit dem Komponisten dabei und ich kenne sie daher selbstverständlich auch - mit der Sängerin Donna Robin habe ich sogar ein Vokalwerk von ihr aufgeführt. Auch nach Kreneks Tod habe ich sie getroffen und hoffe, daß sich auch in Zukunft Gelegenheit dazu bietet. AMN: Das Ensemble 20. Jahrhundert ist auf zeitgenössische Musik spezialisiert - haben Sie dabei in diesem Ensemble öfters die Möglichkeit, sich mit Werken Ernst Kreneks auseinanderzusetzen? Prof. Ossberger: Meine Tätigkeit im Ensemble 20. Jahrhundert hat ja überhaupt den Kontakt zu Krenek ermöglicht. Die Zusammenarbeit zwischen ihm und dem Leiter des Ensembles, Peter Burwik, war sehr eng und hat zu einer Menge schöner Realisierungen von Werken Kreneks geführt. Das Ensemble hat diese Stücke im Repertoire und führt sie immer wieder auf - das nächste Mal stehen in Mexiko unter anderem kleiner besetzte Stücke Kreneks auf dem Programm. AMN: Glauben Sie, ist für dieses Ensemble die Programmgestaltung im Bereich der zeitgenössischen Musik oft eine Gratwanderung zwischen den Veranstaltern und dem Publikum? Prof. Ossberger: Natürlich ist bei der Gestaltung von Konzertprogrammen eine Fülle von sehr unterschiedlichen Bedürfnislagen einzubeziehen. Ohne im einzelnen in diesem Rahmen auf diese komplexe Frage eingehen zu können, kann ich doch sagen, daß die nun schon sehr lange Erfahrung im Rahmen der Tätigkeit im Ensemble 20. Jahrhundert gezeigt hat, daß die Gratwanderung immer dann am besten bewältigt ist, wenn hinter der Programmgestaltung ein wirkliches Anliegen der Ausführenden steht - wir sind daher in den letzten Jahren verstärkt darangegangen, in diesem Sinn projektorientierte Veranstaltungen zu verwirklichen - besonders das Arnold Schönberg - Center in Wien unterstützt uns dabei sehr und liefert uns hervorragende Rahmenbedingungen und die entsprechende fachliche und menschliche Atmosphäre. AMN: Wird von Ihren Studenten im normalen Klavierunterricht auch gewünscht, sich mit moderner Klaviermusik zu befassen? Prof. Ossberger: Ja, Gott sei Dank. Ich bin sehr froh, daß eigentlich alle meine Schüler meine Ansicht teilen, daß es absurd wäre, wenn junge Leute, die mit dem Diplom ja ihre Kompetenz für das Fachgebiet Musik bescheinigt bekommen, die Musik ihrer eigenen Gegenwart ignorieren würden. Wo immer sich Ansätze zu so einer Sichtweise zeigen, versuche ich dagegen anzukämpfen. Aber, wie gesagt, das kommt in meiner Klasse nur selten vor und ich würde daher meine Schüler als Mitstreiter in Sachen "Zeitgenössische Musik" bezeichnen. Dabei hilft sehr, daß an der Abteilung Musikpädagogik der Wiener Musikuniversität, an der ich vor allem tätig bin, die Musik der Gegenwart einen hohen Stellenwert genießt und in den Händen vieler Kolleginnen und Kollegen gut aufgehoben ist. AMN: Welche Komponisten bzw. welche Werke sind hier besonders gefragt? Prof. Ossberger: Darauf läßt sich schwer eine allgemeine Antwort geben - das Interesse ist ganz grundsätzlich und läßt sich nicht auf eine bestimmte Richtung eingrenzen. AMN: Seit kurzem sind Sie, Herr Prof. Ossberger, Präsident des Österreichischen Musikrates. Können sie uns über die Aufgaben und Funktionen des Musikrates und insbesondere natürlich über Ihre Aufgaben in dieser Richtung einige Informationen geben. Prof. Ossberger: Der Musikrat, 1956 als Dachorganisation des österreichischen Musiklebens gegründet, versteht sich als Ansprechpartner und politische Plattform. Wo immer sich Probleme stellen - neuerdings auch im Bezug auf die Kommunikation mit den anderen Ländern der EU - wollen wir stärker als in den vergangenen Jahren aktiv werden. Wir haben diesbezüglich schon einige neue Initiativen gesetzt, sind zum Arbeiten sehr motiviert und werden die Öffentlichkeit auch immer wieder darüber informieren. AMN: Sie treten, außer als Präsident, Ihrer Unterrichtstätigkeit und dem Ensemble 20. Jahrhundert, noch mit Michael Lipp als Klavierduo vor die Öffentlichkeit. Können Sie hier außer den bekannten Werken von Brahms, Schubert u.a. auch mit Werken vor das Publikum treten, die für Sie geschrieben oder bearbeitet wurden? Gibt es überhaupt genügend moderne Werke für Klavierduo, um dem Konzertpublikum abwechslungsreiche Programme bieten zu können? Prof. Ossberger: Es gibt vor allem eine Menge hervorragender Bearbeitungen von ursprünglich anders besetzten Werken für 1 Klavier oder 2 Klaviere vierhändig, zum Großteil von den Komponisten selbst. Michael Lipp und ich haben einige dieser Stücke im Repertoire und spielen sie sehr gerne und mit großem Publikumserfolg . Einige Beispiele: Bartók: Der wunderbare Mandarin, Strawinsky: Le Sacre du Printemps (haben wir auch auf CD aufgenommen), Hindemith: Mathis, der Maler, Schönberg: 2. Kammersymphonie und die 5 Orchesterstücke op.16. An wirklich zeitgenössischer Musik gibt es nicht übermäßig viel, dafür aber sehr wertvolles - ich erinnere an Celestial Mechanics des großen amerikanischen Komponisten George Crumb. Wir hoffen natürlich, daß sich die lebenden Komponisten noch stärker als bisher dieser Besetzung annehmen , einer, der das in letzter Zeit in Österreich getan hat, ist Fritz Keil, dessen vierhändiges Stück "Con - Sense" für Michael Lipp und mich geschrieben ist und das wir gerade(am 31. März 2000) in Paris uraufgeführt haben. AMN: Eine Frage, die wir als Internet Provider und speziell als Austrian Music Network allen unseren Interviewpartnern stellen: Was halten Sie von der Präsenz im Internet, haben Sie einen Computer mit Zugang zum Internet und benützen Sie dieses Medium auch selbst? Prof. Ossberger: Ich habe zwar meine - eigentlich ganz irrationalen und nicht wirklich begründeten - Vorbehalte gegenüber allem, was mit Computer zu tun hat, glaube aber, daß es völlig unsinnig wäre, sich um das neue Medium herumzudrücken und seine großen Möglichkeiten und Chancen nicht wahrzunehmen. Ich habe daher einen Computer mit Zugang zum Internet und habe vor allem eine Frau und drei Kinder, die alle damit umgehen können - vielleicht lerne ich es auch noch! AMN: Wir danken für das Interview und wünschen Ihnen in Ihrer neuen Funktion als Präsident des Österreichischen Musikrates auch im Ernst Krenek Jahr 2000 viele musikalisch-berufliche Erfolge. |
|