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Bijan Khadem-MissaghKünstlerischer Leiter des Kammermusik Festivals Austria "Allegro Vivo"
Seit 1971 1. Konzertmeister des NTO Tonkünstlerorchesters. 1977 Gründung des Tonkünstler Kammerorchesters und 1979 Gründung des Kammermusik Festivals Austria "Allegro Vivo". 1988 Berufung als Professor an das J. M. Hauer Konservatorium. In all diesen solistischen und leitenden Funktionen konnte Bijan Khadem Missagh Ausgezeichnetes leisten, seinen musikalischen Aufgaben eine persönliche Note verleihen und weit über seine Wahlheimat Österreich hinaus wirken. Ebenso konnten bereits seine Kinder Vahid und Martha - wie einst der Vater - in zahlreichen Wettbewerben Lorbeeren und Preise erringen. 1997 wurde durch eine Initiative von Bijan Khadem Missagh "GLOBArt" gegründet. AMN: Am 15. August ist die Eröffnung des Kammermusik Festivals Austria 1999. Es steht unter dem Leitmotiv "Metamorphosen". Wir glauben, daß Johann Strauß sicher nichts dagegen einzuwenden hätte, wenn wir auch Richard Strauss, dessen 50. Todestag wir heuer gedenken, in der Johann Strauß Gedenk-Homepage miteinbeziehen. Haben Sie, Herr Khadem-Missagh, diesen Umstand bei der Programmgestaltung auch in Erwägung gezogen?
Das Eröffnungskonzert selbst bringt - dem Leitthema entsprechend - Richard Strauss' Metamorphosen für 23 Solostreicher. Natürlich gibt es Johann Strauß "Orginal" im großen Galakonzert am 21.August im Arkadenhof des Kunsthauses Horn. Hervorzuheben ist das Projekt "Auf dem Weg zu Johann Strauß". Wie Sie wissen, kommen alljährlich fast 300 Musiker zu der Sommerakademie, die fester Bestandteil von Allegro Vivo geworden ist. Der in Wien ansässige Geiger Rudi Pietsch, der sich der Musik Österreichs speziell widmet, wird dieses Projekt gestalten. Am 22. August wird er dann mit den "Tanzgeigern" diesen Weg musikalisch beschreiten. Johann Strauß kann durch die musikalische Entwicklung, die vor ihm stattgefunden hat, wesentlich besser verstanden werden. AMN: War es für Sie ein glückliche Fügung, im Waldviertel dieses Kammermusik Festival zu etablieren? Bijan Khadem-Missagh: Das Waldviertel ist ein fruchtbarer Boden für die Kultur. Seit der Gründung von Allegro Vivo hat das Festival eine Entwicklung genommen, die vor 20 Jahren undenkbar gewesen wäre. Damals gab es Konzerte im Stift Altenberg und im Schloß Breiteneich, insgesamt fünf an der Zahl. Heute sind es rund 50 Konzerte in den schönsten architektonischen Kostbarkeiten dieser Kulturregion, und die Medien sprechen bereits vom Waldviertel als dem Musikviertel. Ich freue mich jedes Jahr erneut auf die Begegnung, nicht nur mit den Künstlerkollegen und dem Publikum, das aus dem In- und Ausland in das Waldviertel kommt, sondern vor allem auf die Menschen aus der Region selbst, zu denen ich eine besondere Beziehung spüre. AMN: Gedenkjahre haben für die meisten Veranstalter auch einen programmgestalterischen Aspekt. Glauben Sie, tut man den Komponisten etwas Gutes, wenn man vor lauter Ehrerbietung sich an Werke heranwagt, die aus Qualitätsgründen schon wieder in Vergessenheit geraten sind? Bijan Khadem-Missagh: Gute Komponisten brauchen keine Gedenkjahre. Gedenkjahre sind daher für sie manchmal sogar schädigend, da es zu einer Übersättigung und wie auch bei Johann Strauß zur übermäßigen Vermarktung kommt. Ihre Werke werden gespielt, weil sie als Träger der Kultur gehört werden möchten und nicht aus Anlaß eines Jahres. Der Vorteil von Gedenkjahren liegt womöglich darin, daß man vielleicht aus einer anderen Sichtweise an die Werke herantritt. Für die Musikwissenschaft sind solche Jahre interessant, wenn man auch jene unbekannten Werke zur Aufführung bringt, weil dadurch der ganze Mensch und die Zusammenhänge besser verstanden werden können. AMN: Ein Festival wie das Ihre hat durch die Sommerakademie auch eine erzieherische Komponente. Können Sie uns verraten, mit welcher Erwartungshaltung die Studenten zu dieser Sommerakademie kommen und welche Erfahrungen sie am Ende mitnehmen können? Bijan Khadem-Missagh: Die Sommerakademie hat Meisterkurse aber auch Jugendförderungskurse und Kurse für Kinder und Eltern. Zu den Meisterkursen kommen qualitativ sehr hochstehende Studenten, die sich für die Karriere perfektionieren wollen und auch mehr Erfahrung auf dem Podium sammeln möchten. Die Möglichkeit beim Preisträgerkonzert mitzuwirken, eröffnet vielen Wege in die künstlerische Laufbahn. Außer dem Solistischen widmen sich einige auch dem Ensemblespiel, lernen hier neues Repertoire und gewinnen musikalische Freunde. Für die Jugend, die noch vor der Pubertät steht, sind die Jugendförderungskurse ein großer Anreiz, die schwierige Hürde zum reifen Künstler zu nehmen. Besonders erfolgreich sind die Kuse für Kinder und Eltern, hier wird ein Modell praktiziert, in dem die Kinder spielerisch und mit Freude an der Sache sind, die Eltern aber miteinbzogen werden. Nach dem Sommer werden sie es nämlich sein, die diese Impulse weiter zu tragen haben. AMN: Es wäre sicher für den Internet User interessant aus welchen Ländern und Nationen die Kursteilnehmer den Weg in das Waldviertel gefunden haben? Bijan Khadem-Missagh: In den vergangenen 20 Jahren waren wohl schon die meisten Länder der Welt vertreten. Natürlich alle europäischen Länder und seit dem Wegfall des Eisernen Vorhangs auch Teilnehmer aus dem ehemaligen Ostblock, für die die Finanzierung nicht einfach ist. Bei sehr Begabten haben wir immer versucht, ein Stipendium zu finden. Die USA, Japan und Korea zählen zu den ständigen Auslandsgästen. AMN: Ist es schwer, das Waldviertler Publikum auch ohne Strauß-Musik in den Konzertsaal zu bekommen, oder ist im Laufe der Jahre ein Stammpublikum herangewachsen, das dieses Festival auch zu seinem Festival gemacht hat? Bijan Khadem-Missagh: Das Waldviertler Publikum ist ein sehr differenziertes. Hier sind hochgebildete, sehr musikalische Personen, die nicht durch Lockmitel in den Konzertsaal geholt werden müssen. Dies zeigt sich ja auch darin, daß immer mehr Orte den Wunsch äußern, in das Konzertgeschehen von Allegro Vivo aufgenommen zu werden. Es gibt ein Stammpublikum, und dieses ist ein sehr herzliches. AMN: Sie haben eine Vielzahl von Dozenten, die aus aller Welt kommen, das allein würde schon den Titel "Internationales Kammermusik Festival" rechtfertigen. Gibt es hier nicht noch einen weiteren musikalisch-geistigen Aspekt der dieses Zusammenwirken fördert und trägt? Bijan Khadem-Missagh: Die Musik ist Sinnbild für die geistige Dimension des Menschen und Kammermusik, also die Vereinigung verschiedener Instrumente zu einem Gesamtklang, und sie symbolisiert die Gesellschaft schlechthin. Durch die alljährlich gewählten Leitthemen werden Aspekte der menschlichen Entwicklung miteinbezogen. In diesem Jahr stehen die "Metamorphosen" für die Verwandlung, Veränderung und Umgestaltung. Es ist unsere Hoffnung, daß am Ende des 20. Jahrhunderts einige Umwandlungen beginnen nach und nach wirksam zu werden und tatsächlich Gestalt annehmen: Monologe in Dialoge, Konkurrenzkampf in Kooperation, Isolation in Gemeinschaft und schließlich das Zeitalter der Kriege in die lang ersehnte Epoche des Friedens verwandeln. AMN: Weiters findet man den Begriff "GLOBArt" in ihrem Prospekt, mit vielen wissenschaftlichen Institutionen und prominenten Namen. Es wäre von allgemeinem Interesse, über Sinn und Zielsetzung dieser neu gegründeten Institution in einigen Sätzen Aufklärung zu geben. Bijan Khadem-Missagh: 1997 wurde GLOBArt im Rahmen des Internationalen Kammermusik Festival Austia Allegro Vivo im Kloster Pernegg gegründet. GLOBArt steht, als eine unabhängige Kulturinitiative, für das aktive Zusammenwirken von Künstlern und Wissenschaftern. Die Zielsetzung von GLOBArt umfaßt die globale Bewußtseinsbildung durch die Ausdrucksmittel der Künste und Wissenschaften. Die diesjährige Akademie steht unter dem Leitthema: "Arbeit. Neudefinition eines Begriffs. Pragmatische Visionen ersetzten Utopien:" Im Mittelpunkt steht die Frage nach der Bedeutung und der Verantwortung von Künsten und Wissenschaften auf dem Weg zu einem friedlichen Zusammenleben sämtlicher Kulturen auf dem gemeinsamen Planeten Erde. Mit dem GLOBArt Award werden Personen für ihr Lebenswerk ausgzeichnet. 1998 wurde der erste Award an Lord Yehudi Menuhin verliehen. AMN: Glauben Sie, daß der heutigen Zeit, wo das Internet sich zum allumfassenden Informationsmedium entwickelt, dieses Gedankengut von Wissenschaft und Kunst auch einer breiten Masse Anregung, Nachdenken, und verantwortungsvolles Handeln übermitteln kann? Bijan Khadem-Missagh: Durch das Internet steigt die Verantwortung der Benützer. Daher sollte gerade über das Internet der GLOBArt Gedanke vielen zugänglich gemacht werden. AMN: Sie besitzen selbst einen Computer und haben auch Zugang zum Internet. Welche Empfehlung haben Sie, um in der unübersehbaren Flut von Informationen Dokumente rasch und zielführend zu finden? Bijan Khadem-Missagh: Darin bin ich erst Anfänger und habe noch viel dazuzulernen. Das Internationale Kammermusik Festival Austria - Allegro Vivo besitzt allerdings schon seit 1997 eine eigene Homepage, und unsere Mitarbeiter verwenden das E-Mail als einfaches und schnelles Kommunikationsmedium. Ich bin mir sicher, daß das Internet auch im Kunst-Sektor in einigen Jahren nicht mehr wegzudenken ist. AMN: Wir danken für das Interview und wünschen Ihnen und Ihren Team für das XXI. Internationale Kammermusik Festival Austria 1999 viel Glück und Erfolg. |
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