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Austrian Music Network
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Artis Quartett WienMit dem Artis Quartett stellen wir diesen Monat eines unserer profiliertesten, österreichischen Streichquartette auf die Portraitseite des Austrian Music Networks. Es ist uns ein Anliegen, das Musikschaffen in Österreich, jungen Künstlern und Ensembles, über das Medium Internet einem größeren internationalen, musikalisch interessierten Forum zu präsentieren. Wir sehen darin einen selbstgewählten kulturpolitischen Auftrag, klassische und moderne Musik sowie deren Interpreten, die keine kommerzielle Lobby hinter sich haben, mediale Hilfestellung zugeben. AMN: Sie sind eines der wenigen Quartette in Österreich, die sich dieser Sparte der Kammermusik uneingeschränkt verschrieben haben. Leider ist es sicher auch für Sie nicht möglich, ausschließlich davon zu leben. Glauben Sie, gibt es eine Schiene im Bereich der Kammermusik die es erlaubt, sich ganz dem Quartett widmen zu können?
AMN: Die Unterrichtstätigkeit ist gewiss eine Aufgabe, die neben der musikalischen Aufgabe einer Quartettformation, nur beschränkt den zeitlichen Rahmen einer pädagogischen Lehrtätigkeit ermöglicht. Wie sieht so ein Arbeitskalender aus, der beide Aufgaben abdecken kann? Artis Quartett, Schuhmayer: In der Hauptsache ist dies eine Organisationsfrage. Wir versuchen, unsere Übersee- Tourneen, und um die geht es wegen ihrer Länge hauptsächlich, in einer weniger arbeitsintensiven Zeit oder überhaupt in den Uni-Ferien zu planen. Wir sind auch zuversichtlich, dass unsere Studenten mit genügend Informationen oder "Arbeitsimpulsen" versorgt werden, die sie dann unsere fallweise Abwesenheit verschmerzen lassen. AMN: Die internationale Konkurrenz ist auch auf dem Quartettsektor sehr groß. Wahrscheinlich liegt es auch am Interesse des Publikums, das nur in einer eher kleinen erlesenen Schar bereit ist, sich für die wahrscheinlich reinste Musiksparte zu interessieren und auch ein Konzert zu besuchen. Wie könnte man hier eine größere Breitenwirkung erzielen? Artis Quartett, Kefer: Zweifellos hat sich die Situation auf dem Kammermusiksektor in den letzten 20 Jahren drastisch verändert - vereinfacht ausgedrückt stehen heute wesentlich mehr hervorragend spielende Ensembles einer anscheinend kleiner gewordenen Publikumsschar gegenüber ; ich denke aber, dass das Schielen nach mehr Breitenwirkung nicht der richtige Weg ist, weil man damit erstens gerade das - von Ihnen ohnehin erwähnte - wichtigste Charakteristikum - die konzentrierteste Aussage - aufs Spiel setzt, und man zweitens ja gar nicht weiß, wie groß das Potential überhaupt wäre, das wir für uns gewinnen könnten. Ich glaube, wir tun gut daran, in Qualität zu investieren und darauf zu vertrauen, dass sich solches Bestreben immer durchsetzen wird - aber es ist klar, dass nicht unbeschränkt viele für möglichst wenige spielen und davon auch noch leben können. AMN: Wo liegen Ihre Schwerpunkte - haben Sie sich auf ein Gebiet spezialisiert, oder sind Sie wie in anderen Bereichen der Wirtschaft angewiesen, Ihre Programmgestaltung nach Angebot und Nachfrage zu gestalten? Artis Quartett, Schuhmayer: Natürlich werden seitens der Veranstalter manchmal Sonderwünsche an uns herangetragen. Je nachdem, ob unsere Repertoire- und Probenplanung noch eine Aufstockung erlaubt, können wir den Vorschlägen Folge leisten oder aber die Wünsche nicht erfüllen. Das konzentrieren auf einen bestimmten Komponistenzyklus zum Beispiel, reduziert die Angebotspalette beträchtlich. Wenn Sonderwünsche von Veranstaltern mit einem bestimmten Projekt verknüpft sind, das wir uns nicht entgehen lassen wollen, kann es schon mal zu einer Situation kommen, die sich dann als Probenstress am Besten charakterisieren lässt. Unser Rekord was Repertoire betrifft, liegt bei 35 verschiedenen Stücken in 2 Monaten. Diese Zahl stellt allerdings ein Allzeit- Hoch dar, das wir in dieser Intensität wohl in Zukunft zu vermeiden wissen. AMN: Bei Ihren Auslandsreisen - machen Sie da ähnliche Erfahrungen wie in Österreich? Wird Kultur nicht in fast allen Länder immer hintangereiht? Glauben Sie ist das ein Fehleinschätzung? Ist nicht die Umwegrentabilität einer der Hauptfaktoren, die auch eine wirtschaftliche Förderung der Kunst im allgemeinen aus den verschiedensten wirtschafts- - und politischen Gremien, sinnvoll in Erwägung zu ziehen wäre? Artis Quartett, Kefer Die Frage ist so vielschichtig formuliert, dass es sicherlich nicht möglich ist, darauf nur eine Antwort zu finden. Schon die ersten beiden Fragen möchte ich ein bisschen zurechtrücken: Sie insinuieren ja, dass in Österreich Kultur hintan gereiht wird, und das würde ich so nicht sagen. Wir haben vielmehr das Glück, dass bei uns kulturelle Betätigung, Kulturkonsum, noch immer ein gesellschaftliches Grundbedürfnis ist - das findet man in diesem Ausmaß nicht überall! Ich gebe Ihnen aber recht in der Einschätzung, dass wir nicht mehr darauf vertrauen dürfen, dass das die öffentliche Hand - sprich, die Politik - auch so sieht. Zweifellos mehren sich unübersehbar die Zeichen, dass unser Beruf in Zukunft nicht mehr so einfach seinen Mann nähren wird (und dessen Kinder), und das scheint angesichts der Umwegrentabilität, die allerorten jubelnd vermeldet wird, geradezu grotesk. Ich weiß durchaus aus eigener Erfahrung, dass es fast unmöglich ist, Funktionären aus Politik und Wirtschaft die Tatsache zu vermitteln, dass ein gut organisiertes Festival etwa das Acht- bis Zehnfache seiner Kosten an zusätzlichem Umsatz wieder zurückbringt - wahrscheinlich wird da in Zukunft noch sehr viel Überzeugungsarbeit auf uns zukommen! AMN: Welche Aufgaben haben Sie für die nächste Zeit geplant? Artis Quartett, Schuhmayer: Für die laufende Saison sind als Höhepunkte wohl zwei USA-, sowie eine Japan-Tournee, die Komplettierung einer CD- Gesamtaufnahme der v. Einem Quartette und Konzerte in Deutschland, Belgien, beim Casals- Festival in Prades und den Salzburger Festspielen zu erwähnen. Natürlich läuft auch unser Zyklus bei der Gesellschaft der Musikfreunde im Brahmssaal weiter, in dem heuer die 4 letzten Mozart-Quartette als Bindeglied zwischen den Programmen fungieren. AMN: Vielleicht können Sie für unsere Leser einen Programm- oder Arbeitsablauf eines Ihrer nächsten Reisen oder Konzertserien geben? Artis Quartett, Meissl: Also, um keine zu großen Illusionen von wegen Vergnügungsreisen aufkommen zu lassen - grade habe ich mir den Reiseplan für die USA/Südamerika Tour ab kommender Woche durchgeschaut : Wir haben in 17 Tagen 13 Auftritte mit zum Teil erheblichen Distanzen, von Alabama über Ohio, Idaho, Arizona bis Los Angeles und dann noch Bogota mit mehreren unterschiedlichen Programmen, da bleibt nicht allzu viel Muße... Zur Entspannung nehmen wir gleich nach der Rückkehr in Wien die 3 für die Gesamteinspielung der v. Einem Quartette noch ausständigen Werke in Wien für Orfeo auf. Natürlich gibt es aber immer wieder auch "gemütlichere" Reisen, bei denen auch Zeit bleibt, was anzuschauen, in Museen zu gehen, Bekannte zu treffen etc. AMN: Als Austrian Music Network interessiert uns natürlich auch Ihre Präsenz im Internet. Für wie wichtig halten Sie die internationale Anbindung? Artis Quartett, Müller: Wir haben schon ziemlich früh eine Seite eingerichtet, auf der "schnell einmal" das Wichtigste abzurufen ist. Und dieses Angebot wird von immer mehr Veranstaltern genützt, wenn es um aktuelle Biographien, Fotos oder Komponisteninformationen geht. Auch zu unseren CDs, die teilweise im Handel nicht (mehr) erhältlich sind, bekommen wir immer häufiger Anfragen. Was die graphische Gestaltung betrifft, ist unser Webauftritt leider ein typisch österreichisches "permanentes Provisorium". AMN: Haben Sie besondere Wünsche? Oder, gibt es von Ihrer Seite Anregungen wie man den Kammermusiksektor intensiver beleben könnte. Glauben Sie, ist die Kommerzialisierung des Musikbetriebes auf der einseitigen Schiene der Unterhaltungsmusik ein Grund zur Verflachung des musikalischen Verständnisses bzw. Interesses? Artis Quartett, Meissl: Grade durch meine Kammermusik-Unterrichtstätigkeit an der Musik-Uni Wien bin ich, als stellvertretender Institutsvorstand auch "Verbindungsmann" zu internationalen Projekten, in vielfältiger Weise ständig mit dieser Thematik beschäftigt - was sollen die Musiker schließlich mal tun, die wir hoffentlich immer besser ausbilden!? Einige Faktoren stimmen mich dabei sehr zuversichtlich, was die Zukunft der Kammermusik betrifft: Derzeit wird in ganz Europa und auch z.B. Japan in jüngster Zeit auf dem universitären Ausbildungssektor die Bedeutung der Kammermusik für die künstlerische Entwicklung neu erkannt und verstärkt. Das ist einerseits eine fundamentale pädagogische Verbesserung, andererseits auch eine Reaktion auf die sich verändernden Anforderungen des Musikbetriebes - bei ständiger Reduktion von Orchesterstellen entstehen laufend neue Ensembleformen in den verschiedensten Sparten, von der klassischen Formation bis zu unterschiedlichen Spezialensembles. Da auch Musikvermittler und Veranstalter wie die Jeunesse sich vermehrt um diese Sparte kümmern, sehe ich gerade in der möglichen Unmittelbarkeit, Mobilität und "Anfaßbarkeit" der kleinen Formation eine wirkliche Zukunftschance. Man kann das bei Kinder, Jugend - und Schulkonzerten immer wieder erleben. Selbst die anspruchsvollste Streichquartettliteratur kann hier als "cool" rezipiert werden! Das bedeutet aber auch, dass das Heil nicht in einer Anbiederung an Verflachung und Vereinfachung liegen kann, sondern nur in dynamischer, packender und damit eben megacooler Vermittlung.... AMN: Wenn 4 Musiker so lange Zeit zusammen eine Karriere anstreben und gemacht haben gibt es sicher manchmal auch Spannungen. Haben Sie ein Rezept, wie man das bewältigen kann? Es könnte vielleicht auch für größere Formationen beispielgebend wirken. Wenn man weiter denkt, kann dieser Ratschlag auch anderen kulturell interessierten Menschen helfen ihn als harmonisierenden Faktor zu integrieren. Artis Quartett, Müller: Wenn es solch ein Rezept gäbe, hätten wir mit dem Verkauf von Lebensratgebern schon so viel verdient, dass wir das Quartettspiel nur mehr als Liebhaberei betreiben könnten. Obwohl Quartett oft als "Ehe zu viert" bezeichnet wird, glaube ich nicht, dass sich Erfahrungen oder Verhaltensmuster übertragen lassen - die Liebe, die uns verbindet, gilt der Musik!. Trotzdem hat natürlich in der Gründungsphase persönliche Sympathie ebenfalls eine große Rolle gespielt. Und über die Jahre lernt man produktiv zu streiten ohne Brücken zu verbrennen. In einem Orchester kann man dem Kontrahenten aus dem Weg gehen, bei vier Leuten ist das hingegen schwer.... AMN: Wir danken für das Gespräch und wünschen dem Artis Quartett weiterhin eine erfolgreiche Karriere. |
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